Unser Kleiderschrank von Allnatura – eine Fehlkonstruktion für 5000€
Nachdem unsere bei habitat.fr bestellten (und bezahlten) Schränke aufgrund einer Insolvenz nicht mehr kommen werden, habe ich in den sauren Apfel gebissen und einen noch teureren Kleiderschrank bestellt. Bei Allnatura. Für ca. 4500€. Uff.
Wir müssen neben unserer Wäsche (das ist eigentlich nicht so viel) allerhand unter bekommen (Wechsel-Bettdecken, Reisetaschen usw.). Darum sollte es der Drehtüren-Kleiderschrank „Moderna“ (Ausführung: 4-türig, Höhe: 235 cm, Breite: 240 cm Holzart: Wildeiche) sein. Die Schranktüren haben so eine Kassetten-Aufteilung, dass sie gut zu unserem Sideboard passen.
Über kleinanzeigen.de konnte ich mir für 10€ noch einen 10% Gutschein kaufen. Ich war mir unsicher, ob die dort gekauften Gutscheine auch gültig sind, aber der User Heinz war super cool und meinte, er vertraut mir, ich kann ihn erst ausprobieren. Also ausprobiert, zack gingen tatsächlich 10% vom Warenkorb runter. Super lieb von Heinz.
Sonst hätte der bestellte Kleiderschrank sogar 5000€ gekostet.
Enthalten sein sollte neben dem Grundkonstrukt eine mittlere Trennwand und ein Regalbrett, das man dazu bestellen sollte, sowie ein Passepartoutrahmen (damit habe ich mir eine ähnliche Optik wie das Sideboard, bei dem die Türen zwischen den Wänden sind, erhofft). Wir wollten dann einfach kostengünstiger mit dem Ikea Pax System innen einrichten, denn Schubladenelemente und Regalbrettchen von Allnatura….da hätten wir noch mal 1-2000€ investieren können. Anmerkung: Pax passt leider nicht rein, die Regalbretter sind nur 53 cm tief wegen der nach innen ragenden Schranktüren-Streben.
Toll war, dass Allnatura schon kurz nach Bestellung eine Lieferwoche nannte, und die wurde dann auch exakt eingehalten. Kurz zuvor bekam ich eine SMS von RhenusHD, dass ich mir einen Liefertermin aussuchen kann.
Die Pakete kamen ziemlich zerrupft an, teilweise offen. Zum Glück schien aber trotz allem nichts zu fehlen und nichts beschädigt zu sein.
Wir haben also begonnen, den Schrank aufzubauen.
Das war gar nicht soooo leicht. Das Material ist massiv, es wiegt echt viel. Die Seitenteile werden von außen mit diesen Winkeln an die Grundplatte geschraubt. Leider sind diese Winkel nicht alle an der richtigen Position, sodass es nicht passt und sie komplett noch einmal ran geschraubt werden müssen, inkl. Vorbohren. Das Problem hierbei – wenn der Winkel nur ca. 3 mm zu weit an der Seite ist, passt es nicht, aber Bohren passt auch nicht. Hier hätte sich Allnatura die Vormontage lieber ganz sparen sollen.
Unten ist das noch ganz leicht, oben sieht es dann anders aus. Man muss gleichzeitig die zwei Seitenteile in die obere Abdeckung klicken, die obere schwere 60cm tiefe Abdeckung festhalten, in 2,35 m Höhe. Hm na tja. Da kamen wir schon ins Schwitzen.
Achso ja, und zwischendrin muss noch die zweiteilige Rückwand eingebaut werden und sollte dann auch in entsprechender Ritze beim Auflegen der Abdeckung verschwinden.
Irgendwann hatten wir dann beide Seiten fertig, und als nächstes wäre die Mittelwand, gehalten von einem Regalbrett direkt darüber, dran gewesen. Jedoch, nach Einbau des Regalbretts ein großes Fragezeichen in unserem Gesicht. Genau hier, wo das Regalbrett nun hin muss (Höhe durch die Höhe der Mittelwand vorgegeben) sind auch die Bohrungen für das Türscharnier. Was nun?
Daraufhin habe ich den Support von Allnatura per Email kontaktiert, da es sich hier offensichtlich um einen Konstruktionsfehler handelt. Das Regalbrett als obere Lage + Befestigung der Mittelwand, genau da, wo das Türscharnier hin muss? Wir können doch nicht die ersten sein, die diesen Schrank kaufen?Fa. Allnatura hat sich auch ziemlich schnell zurück gemeldet und nach noch mehr (ich hatte schon Nahaufnahmen geschickt) Fotos verlangt, sodass ich erst einmal guter Hoffnung war. Jedoch passierte, nachdem ich ihnen weitere Fotos zusendete, gar nichts mehr.
Einen Rückruf, eine Lösung oder gar eine Entschuldigung oder sogar Rückerstattung seitens Allnatura gibt es leider bis heute nicht!
Update: heute, am 18.06.2024 habe ich die Nachricht erhalten, dass hier leider eine falsche Mittelwand geliefert wurde und somit ist die Montage wie vorgesehen nicht möglich ist. Daher habe ich für die Mittelwände 150€ Nachlass angeboten bekommen.
Nach etwas mehr als einer Woche haben wir also den Schrank weiter gebaut. Wir hatten lange genug aus dem Koffer gelebt und gar nicht so viel Wäsche bereit gelegt, wie wir nun brauchten. Mein Mann hat die Regalbretter draußen an der Stelle, wo die Scharniere in die Quere kamen, einen Teil ausgefräst:
Dann ging es weiter.
Wir wollten die Türen anbauen, doch was ist das? Wir haben 4 Schranktüren mit je 5 Scharnieren, also 20 Stück. Geliefert wurden uns 4 nicht gedämpfte und ein ganzer Haufen gedämpfter (die gehen so ganz langsam zu) Topfscharniere. Wir haben also entschlossen, an jeder Tür ein ungedämpftes Scharnier einzubauen (laut Anleitung sollte eigentlich eines der ganzen gedämpft sein, der Rest ungedämpft).
Nächste Rechenaufgabe: die Montageplatten, die am Schrank befestigt werden, woran dann die Scharniere befestigt werden, gab es in hoher und flacher Ausführung. Die genaue Höhe weiß ich nicht. Von den Kreuzmontageplatten hatten wir 15 flache und 15 hohe mit schon dicken Schrauben drin. Wir mussten ja an einer Tür immer entweder flach oder hohe verbauen und aufpassen, dass wir nicht mischen. Doch welche Montageplatten wohin? Es reicht ja weder, überall hohe noch überall flache zu nehmen. Wir haben also beschlossen, auf der Innenseite die flachen, auf der Außenseite die hohen Scharniere zu verwenden.
So haben wir dann die Türen angebaut, das ging trotz des Gewichts relativ einfach, da die Scharniere einfach eingehakt werden und die Montageplatten sich leicht in der Höhe verstellen lassen.
Leider hatten wir danach eine hässliche Lücke in der Mitte, man konnte in den Schrank hinein gucken. Mein Mann hat hier noch etwas rum geschraubt, damit die Türen nicht hängen und die Lücke überall etwa gleich breit ist. Jedoch konnte er die Scharniere nicht noch weiter herausschrauben, sodass die Lücke in der Mitte schmaler ist als die seitlichen Lücken.
Hier gibt es eine Schlagleiste, um die Lücke zu verdecken, jedoch ist diese aufgrund der schiefen Montage nicht überall breit genug, um die Lücke vollständig zu schließen. Zudem sieht es von weiter weg recht bescheiden aus, dass diese Rasterung, die eigentlich gleichmäßig sein sollte, so unterschiedlich ist.
Dazu kommt noch, dass die einzelnen Kassetten einer Schranktür schief verbaut sind. Manche sind weiter rechts, manche weiter links.
Insgesamt ist der Schrank schön, aber er ist das mit Abstand teuerste Möbelstück in unserem Haus. Teurer als unsere gesamte Küche (wohlgemerkt ebenfalls aus Eiche massiv). Da darf solch eine Anhäufung von Fehlern nicht passieren. Schon gar nicht so gravierende Planungsfehler.
Und wenn es doch passiert, muss wenigstens der Support stimmen. Abholen, höhere Mittelwand liefern, fertig.
Zu guter Letzt wollte ich noch schauen, ob dieser Passepartout-Rahmen anständig ausschaut. Leider war einer der Rahmen trotz heiler Verpackung an einer Keilzink-Verbindung gebrochen.
Ich habe die Rahmen trotzdem mal dran gelegt, wo sie hin sollen und es sah aufgrund der verschiedenen Fugenbreiten dermaßen schlimm aus (auf den Fotos der Seite sieht natürlich alles ganz gleichmäßig aus), dass ich beschlossen habe, den Rahmen zurückzusenden und mir das Geld zurück erstatten zu lassen.
Dies hat hervorragend über die Seite funktioniert. Retoure anmelden, die Transportfirma meldet sich mit den Terminoptionen und es wird abgeholt. Die Erstattung / Gutschrift erfolgt dann ca. eine Woche später. Leider angesichts der Gesamtsumme mit 300€ nur ein wenig. Für ein paar Leisten dann doch wieder viel.
Im Laufe des Zusammenbaus haben wir weitere Dinge entdeckt. Hier noch einmal alles Negative zusammen gefasst.
- Das Regalbrett, das die Mittelwand hält, muss auf genau der Höhe eingebaut werden, auf der sich das Türscharnier befindet. Dies ist nur durch Nachbearbeitung durch den Tischler oder gut ausgestatteten Heimwerker zu lösen, s.o. (neue Info: es wurde eine falsche Mittelwand geliefert)
- dieses Problem gibt es auch bei anderen Regalbrettern – auf Höhe der möglichen Regalbrettpositionierung befindet sich auch immer ein Scharnier.
- Auch die Tiefe der Mittelwand vs. Tiefe der Regalbretter vs. Stege der Fronten vs. Position der Kleiderstange vs. Mittlerer Steg der Rückwand kommen sich in die Quere. Das heißt, wenn die Mittelwand so gesetzt wird, dass die Kleiderstange auf beiden Seiten gleich weit von der Rückseite entfernt ist und vor dem mittleren Steg der Rückwand sitzt, ist die Mittelwand weiter draußen als die Regalbretter, sodass sich hier eine unsaubere Kante ergibt. Das Regalbrett geht jedoch nicht so weit nach vorn rauszuschieben, da dann die Schranktüren wegen der senkrechten Latten der Fronten nicht mehr zu gehen.
- es ist merkwürdiges weißes Zeug auf den Fronten, das zieht sich über die ganze Breite an mehreren Stellen.
- die Fronten haben Materialfehler. Auch hier noch einmal: Holz ist ein Naturwerkstoff, klar gibt es da Astaugen usw. , aber Beschädigungen sollten bei einem 5000€ Schrank nicht vorkommen.
- Absplitterungen auf den Regalbrettern (Leimholz). Da sind unsere Leimholzplatten vom bauhaus deutlich besser verarbeitet. Noch einmal: kann passieren, aber nicht bei 2 von 4 Regalbrettern, von denen eines ganze 160€ kostet!
- die einzelnen Felder der Fronten enden nicht auf einer Ebene, s.o.
- die Anschlagleiste hinter den Fronten (also der Streifen, der nachher hinter der mittleren Ritze der geschlossenen Schranktüren ist) ist schief aufgeschraubt. Oben ragt sie 11mm heraus, unten 7mm. Das macht 5mm Unterschied. Im unteren Bereich kann man somit durch die Lücke der Tür in den Schrank hinein gucken.
- selbst ganz raus geschraubt sind die Scharniere zu flach, um die Lücke in der Mitte der Schranktüren auf die gleiche Breite wie die Lücke zwischen den Schränken zu bekommen, s.o.
- die Winkel sind teilweise an falscher Stelle, dann lieber ganz weg lassen wegen problematischen Nachbohrens direkt daneben
- die Rückwand rutscht nicht in die dafür vorgesehene Fuge und ist zu kurz (oder die Seitenwände zu lang), sodass, wenn man es unten dann doch hin bekommen hat, statt dessen oben eine Lücke ist
- auch die Befestigung der Rückwand ist wieder auf Höhe eines Regalbretts, die Hälfte der möglichen Regalbrettpositionen kann man gar nicht nutzen, weil da ein Scharnier oder Winkel hin muss.
- keinerlei Anleitung, wo bei der Mittelwand vorn oder hinten ist
- keinerlei Anleitung, welche der Scharniere (flache und hohe) nun wo hin sollen bzw. undurchdachte Menge der gelieferten Scharniere.
Warum haben wir das Ding nicht komplett zurück geschickt?
Das frage ich mich teilweise auch, jedoch weiß ich nicht, ob eine Ersatzlieferung besser ausgefallen wäre. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei 50% die Regalbretter ordentlich sind, oder die Fronten, hätte Monate gedauert, bis dann alles perfekt wäre. Dieser Schrank passt optisch sehr gut zu unserem Sideboard und es ist nach der habitat-Insolvenz der einzige, der überhaupt in Frage kommt.
Anstatt der mitgelieferten Griffe haben wir übrigens verdeckte Griffe (je unter 5€ von Hornbach) gekauft und von innen verschraubt. Die großen langen hätten wir durch die schönen Holzkassetten hindurch verschrauben müssen. Bohren muss der Kunde dies übrigens selbst.
Die Regalbretter für unsere jeweiligen Hälften haben wir übrigens selbst gebaut. Beim Bauhaus gibt es Eiche Leimholz in sehr guter Qualität (wenn man nicht die vorderste nimmt ;)) in 220 cm Länge und 50 cm Tiefe. Ich wollte etwas weniger zu hängen haben und breitere Regalbretter, mein Mann wollte lieber mehr Platz zum hängen haben und nicht so breite Regalbretter. Wir haben 2 solcher Bretter geholt und mit der Kreissäge pro Brett 2 breite und 2 schmale Regalbretter gesägt, also 65+45+65+45. Macht pro Regalbrett keine 20€. Zum Vergleich: bei Allnatura hätte das – mit festgelegter Breite – 90€ gekostet und wäre mit 50%iger Wahrscheinlichkeit ohne Absplitterung geliefert worden.